DGB/Kopera
das Spazierengehen erfreut sich seit einem guten Jahr ganz neuer Beliebtheit – ist es doch eines der wenigen Dinge, die in Pandemiezeiten ohne zu verreisen und mit Abstand möglich sind und gleichzeitig der Gesundheit guttun. Und es bietet die Möglichkeit, seine Stadt und sein Viertel ganz neu kennenzulernen.
Das wollten wir zum Anlass nehmen, um Euch anlässlich der 75-Jahr-Feier des DGB München zu den Wurzeln der Münchner Gewerkschaftsbewegung zu führen. Wusstet Ihr zum Beispiel, dass die ersten Feiern zum 1. Mai nicht am Marienplatz, sondern nach den Kundgebungen als Familienfeiern in der „Waldgaststätte Holzapfelkreuth“ abgehalten wurden? Oder dass die erste große Veranstaltung des DGB München am 28.10.1945 im Prinzregententheater stattfand und unser Bundesverband vom 12.-14.10.1949 im Deutschen Museum gegründet wurde? Oder dass die Maikundgebungen früher auf der Theresienwiese, später auf dem Königsplatz und erst seit den 1970er-Jahren am Marienplatz stattfinden?
Dies und noch einiges mehr erfahrt Ihr mit diesem Spaziergang über 16 Stationen durch München. Wir wünschen Euch viel Spaß!
Tippt für mehr Informationen auf die Fahne der entsprechenden Ziffer.
Maikundgebung 1956 auf dem Königsplatz. Quelle: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung/Pröhl
Von 1948 bis 1976 war der Königsplatz Schauplatz der Maikundgebungen der Münchner Gewerkschaften. Der Königsplatz war in der NS-Zeit ein zentraler Ort für die nationalsozialistische Partei, für den Märtyrerkult, für Großaufmärsche und die Bücherverbrennung.
Die erste Maikundgebung auf dem Königsplatz 1948 bildete dazu ein Gegenprogramm, die zentralen Themen waren Frieden und Völkerverständigung. Am 1. Mai 1948 waren ca. 60.000 Kolleg*innen auf der Straße – und am 25. August sogar 100.000 Menschen, um gegen Preissteigerungen und sinkende Löhne nach der Währungsreform zu protestieren.
Der Königsplatz blieb Schauplatz des Tags der Arbeit bis 1977, als der DGB-Vorsitzende Heinz Oskar Vetter und Bundeskanzler Helmut Schmidt die Hauptredner der Kundgebung waren.
Das Münchner Gewerkschaftshaus in der Schwanthalerstraße 64. Quelle: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung/Eiber
(Schwanthalerstraße 64)
1956 startete der Bau des neuen Gewerkschaftshauses in der Schwanthalerstr. 64, nachdem das alte zu klein geworden war. Entworfen wurde es vom Architekten Ernst Hürlimann. Haus A und B wurden 1959 offiziell eingeweiht, später kam das Haus C dazu.
Für viele Jahre war das Haus das Zentrum des Münchner Gewerkschaftslebens. Die meisten Gewerkschaften hatten hier ihren Sitz. Im großen Saal und den Tagungsräumen fanden viele Bildungsveranstaltungen, Delegierten-versammlungen, Empfänge und natürlich auch Feiern statt. Außerdem war das Gewerkschaftshaus ein beliebter Auftakt für Streikkundgebungen und Demonstrationen. Im Laufe der Zeit änderten sich die Nutzungen, so befanden sich etwa viele Jahre die Bibliothek des DGB, die Büchergilde Gutenberg und des BUND-Verlages im Haus, später eroberte sich die Gewerkschaftsjugend eigene Seminar- und Jugendräume.
Ende 2020 zogen die Gewerkschaften vorübergehend aus. Das Haus wird abgerissen und neu gebaut. Der Neubau wird dann die nächsten Jahrzehnte das Herz der Gewerkschaftsbewegung in München sein – an altbekannter Stätte.
Demonstration am Nachmittag des 7. November 1918 vor der Bavaria. Quelle: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
Immer wieder fanden vor 1933 die Maikundgebungen auf der Theresienwiese statt. Sie war nicht nur die Heimat des Oktoberfestes, sondern auch vieler wichtiger Demonstrationen. Hier begann mit mehreren Friedensdemonstrationen am 7. November 1918 auch die Bayerische Revolution.
1946 und 1947 fanden die Kundgebungen zum 1. Mai auf der Theresienwiese statt. Zur ersten freien Maikundgebung seit 1932 erschienen am 1. Mai 1946 über 60.000 Menschen. Die Wiederherstellung der in der Weimarer Republik geltenden Rechte – Achtstundentag, Mitbestimmung und Arbeitsschutz – waren die Themen.
Mit der Corona-Pandemie fanden wieder Streikkundgebungen der Gewerkschaften auf der Theresienwiese statt, da die Weitläufigkeit ein großer Vorteil war.
Warnstreik mal anders. Im März 2021 führte die IG Metall ihren Warnstreik auf der Theresienwiese im Autokino-Format durch. Im Zeichen der Corona-Pandemie war die Theresienwiese wegen ihrer Weitläufigkeit ein beliebter Demonstrationsort. DGB/Kopera
Am 26. September 1980 fand am Haupteingang der Wiesn ein rechtsterroristischer Anschlag auf das Oktoberfest statt – mit 12 Toten und 221 Verletzten das größte Attentat der Bundesrepublik. Die Hintergründe sind bis heute nicht restlos aufgeklärt, eines ist aber klar: Es war rechter Terror. Die DGB-Jugend München richtet seit über 38 Jahren jährlich eine Gedenkfeier zur Erinnerung an die Toten und Betroffenen aus. Seit September 2020 gibt es hier zusätzlich zum Mahnmal einen Dokumentationsort der Landeshauptstadt München. Rechte Gewalt darf nicht in Vergessenheit geraten, nur so kann sie künftig verhindert werden. Erinnern heißt kämpfen!
Im Kampf gegen das Vergessen. Zum 40. Jahrestag des Attentats hat die DGB-Jugend eine Kurz-Doku produziert. Der 30-minütige Film ist hier zu sehen:
Gedenken der DGB-Jugend zum Oktoberfestattentat 2019. Bild: Thomas Witzgall
Das Gewerkschaftshaus in der Landwehrstraße. Quelle: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
(Landwehrstraße 7-9)
Die Deutsche Arbeitsfront, gleichgeschaltete Arbeits-organisation der Nazizeit, hatte ab 1937 ihren Sitz in der Landwehrstraße 7-9 (ehemaliges „Hotel Herzog Heinrich“) eingerichtet. Die nach Kriegsende wiedergegründeten Münchner Gewerkschaften erhielten das – stark beschädigte – Gebäude 1945 als Entschädigung für das 1933 geraubte Gewerkschaftsvermögen und so diente es ab dem 1. Mai 1946 als Gewerkschaftshaus. Zu dem Zeitpunkt war es immer noch vom 2. Stock aufwärts zerstört.
Die Gewerkschaften verkauften das Grundstück später, um den Neubau des Gewerkschaftshauses in der Schwanthalerstraße 64 zu finanzieren. Heute sind in dem Gebäude in der Landwehrstraße Lebensmittelläden untergebracht.
Heute ist hier ein Gemüseladen Bild: DGB/Kopera
Die Fassade ist heute noch erhalten. Quelle: Archiv d. M. Arbeiterbewegung
(Reisingerstraße 10)
In der Weimarer Republik waren auch die christlichen Gewerkschaften eine wichtige Interessensvertretung. Sie vertraten katholische und protestantische Beschäftigte und setzten einen Schwerpunkt auf die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, um den familiären Bereich der Arbeiter*innen abzusichern. Einen Klassenkampf lehnten sie ab, sie setzten stattdessen auf die Schaffung einer „sittlichen Interessengemeinschaft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern“ (Sozialenzyklika Papst Leos XIII). Sie hatten ihren Sitz seit 1928 in der Reisingerstraße 10 in der Isarvorstadt. Auch das christliche Gewerkschaftshaus wurde nach den kommunistischen und sozialdemokratischen Gewerkschaften von den Nazis im Juni 1933 enteignet. Ab 1939 zog die Münchner Stadtverwaltung ein. Heute befindet sich im Haus die Verkehrsüberwachung.
Die Fassade erinnert noch an die historische Nutzung als christliches Gewerkschaftshaus. Sie ziert „die goldenen Symbole des Handwerks“ und einen Bienenkorb als „Zeichen emsigen Fleißes“.
Eine Lehre aus der Weimarer Republik war 1945 das Bestreben, eine Einheitsgewerkschaft zu gründen: Christliche, sozialdemokratische und kommunistische Gewerkschafter*innen sollten sich unter einem Dach organisieren und nicht gegeneinander arbeiten.
Die ‘Arbeiterburg ‘ in der Pestalozzistraße. Quelle: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
(Pestalozzistraße 40/42)
Das Ende Oktober 1912 in der Pestalozzistraße durch den Münchner Architekten Max Littmann errichtete Gewerkschaftshaus zeigte das neue Selbstbewusstsein des freien Gewerkschaftsbunds. Die ‚rote Burg des Proletariats‘ war auch das Zuhause für die Genossenschaften und die Sozialdemokratische Partei. Das Haus war der zentrale Treffpunkt für die politische Linke. Beispielsweise gründete Felix Fechenbach hier die Jusos.
Aus diesen Gründen war das Haus von Anfang an faschistischen und antisemitischen Angriffen ausgesetzt. Nach der Machtergreifung der Nazis wurde das Haus am 9. März 1933 von der SA besetzt.
Gewerkschafter versuchten das Haus in der Pestalozzistraße zu verteidigen. Nach langen Verhandlungen wurde deutlich, dass die Gewerkschaften keine Rechte mehr hatten. Kein Gericht, keine Polizei und kein Parlament würde ihre Rechte mehr durchsetzen. Sie räumten das Haus. Am 2. Mai 1933 wurden die Gewerkschaften zerschlagen. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) als gleichgeschaltete Nazi-Organisation übernahm das Haus. Zerstört wurde das alte Gewerkschaftshaus durch die Bombardierung 1944. Auf dem Grundstück steht heute ein Bürogebäude mit demselben Grundriss wie die „Arbeiterburg“. Auf Höhe der Nr. 42 erinnert heute noch eine Plakette an das alte Gewerkschaftshaus.
Heute befindet sich hier ein Bürogebäude Bild: DGB/Kopera
Auf Höhe der Nr. 42 erinnert heute noch eine Plakette an das alte Gewerkschaftshaus. Bild: DGB/Kopera
Städtisches Hochhaus. Quelle: CC-BY-SA 3.0 Guido Radig
(Blumenstraße 28 a/b)
Bevor nach dem Krieg ein neues Gewerkschaftshaus gefunden werden konnte, bezog der DGB München von 1945 bis 1947 einige Büros im Städtischen Hochhaus in der Blumenstraße. Es diente ansonsten der Stadtverwaltung als Technisches Rathaus.
Elisabeth Dietl ca. 1946. Sie arbeitete nach 1945 am Wiederaufbau der Gewerkschaften mit und war später für die Gewerkschaft NGG tätig. Quelle: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
Elisabeth Dietl schrieb dazu:
„Im „Hochhaus“ hatten sich die dem Chaos der letzten Jahre entkommenen, ehemaligen Gewerkschaftsfunktionäre ein vorläufiges Domizil gemietet. Im zweiten Stock war ein saalähnliches Zimmer, in dem an im ganzen Raum aufgestellten Tischen die Funktionäre aus den einzelnen Berufssparten saßen. Sie waren vor allem damit beschäftigt, Aufnahmescheine für die Mitglieder auszuschreiben. Weiter oben im fünften Stock befanden sich noch drei weitere Büroräume. In einem residierte Gustav Schiefer, von den Amerikanern berufenerer Stadtrat und Gewerkschafter aus der Holzbranche.“
Im Hinterhof der Sendlinger Straße 45 befand sich der Werbe-Verlag Fackler. Bild: DGB/Aumeier
(Sendlinger Straße 45)
Der christliche Gewerkschafter Franz Xaver Fackler hatte den Gewerkschaftsgründern Räumlichkeiten im damaligen Werbe-Verlag Fackler in der Sendlinger Straße zur Verfügung gestellt. Dort fanden ab Juni 1945 wöchentliche Treffen statt, bis sie eigene Räumlichkeiten im Städtischen Hochhaus beziehen konnten. Das zeigt gut, wie wegen Raumnot und Zerstörungen in der unmittelbaren Nachkriegszeit improvisiert werden musste.
Der Werbe-Verlag Fackler befand sich in der Sendlinger Straße 52. Das Grundstück befindet sich im Hinterhof der Sendlinger Straße 45 und ist heute nicht mehr allgemein zugänglich.
Kundgebung zum Tag der Arbeit 2019. Bild: Philip Gülland
Im Zuge der Olympischen Spiele 1972 wurde auch die Innenstadt grundlegend umgebaut und der Marienplatz wurde zur Fußgängerzone. Dadurch wurde er zu einem beliebten Versammlungsort im Herzen der Stadt.
Auch der DGB zog 1977 mit seiner Maikundgebung ins Zentrum der Stadt. Seitdem begehen dort jedes Jahr viele Tausend Kolleg*innen den Tag der Arbeit. Neben der zentralen Kundgebung hat sich auch der Infomarkt mit vielen befreundeten Organisationen, das Familienfest zusammen mit dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München und das laut.stark-Musikfestival der DGB-Jugend etabliert.
laut.stark Festival der DGB-Jugend 2011 Bild: DGB
Beim Familienfest am 1. Mai ein Klassiker: Die Hüpfburg im Innenhof des Rathauses Bild: Randy Messner
Titelseite des ersten Jahresberichts aus dem Arbeitersekretariat. Quelle: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
Isartorplatz 6
1893 gründete sich das erste „Münchner Gewerkschaftskartell“ – ein Zusammenschluss der damaligen Münchner Gewerkschaften. Dieser Verein bezog am 1. März 1898 das erste „Arbeitersekretariat“ am Isartorplatz 6. Wichtigste Aufgaben waren die Unterstützung der Arbeiter*innen gegen Repressionen und die Vernetzung untereinander. Konkret unterstützte das Arbeitersekretariat seine Mitglieder zum Beispiel in Rechtsfragen, jedes Jahr wurden mehrere Tausend Beschäftigte beraten. Die „Arbeitersekretäre“ stammten natürlich selbst aus der Arbeiterschicht und mussten sich die juristischen Kenntnisse erst selbst aneignen.
So sieht der Standort des ersten Arbeitersekretariats heute aus. Bild: DGB/Kopera
Das erste „Parlament der Arbeit“, der Gründungskongress des Deutschen Gewerkschaftsbunds fand vom 12.-14. Oktober 1949 im Kongresssaal des Deutschen Museums statt. Quelle: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
(Museumsinsel 1)
Nicht nur der Münchner und der Bayerische Gewerkschaftsbund (1947) wurde in München gegründet, sondern auch der Bundesverband. Die Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbunds fand 1949 im Deutschen Museum statt. Als einer der wenigen größeren Säle, der nicht zerstört war, diente der Kongresssaal des Deutschen Museums als Veranstaltungsort des Gründungskongresses des DGB. Unter dem Schriftzug „Parlament der Arbeit“ fasste Hans Böckler, als neuer Vorsitzender, die wichtigsten Forderungen mit den Worten zusammen:
„Bürger, nicht Untertanen wollen wir sein. Wollen mitraten, mittaten und mitverantworten, in allen wichtigen Dingen des Lebens der Gemeinschaft. Vor allem in den Angelegenheiten der Wirtschaft unseres Volkes."
Damit unterstrich er den Anspruch der Gewerkschaften auf echte Mitbestimmung in Form einer Wirtschaftsdemokratie.
Das Prinzregententheater war am 28.10.1945 Schauplatz der ersten freien gewerkschaft-lichen Groß-veranstaltung seit 1933. Bild: CC-BY-SA 3.0 Bbb
(Prinzregentenplatz 12)
1945 waren die meisten großen Veranstaltungssäle zerstört. Das Prinzregententheater war aber noch benutzbar. Deswegen stellten am 28.10.1945 die Münchner Gewerkschaften dort zum ersten Mal ihre Forderungen im großen Rahmen vor. Unter der Überschrift „Der Arbeiter ist bereit“, berichtete die Süddeutsche Zeitung: „Im Prinzregententheater fand am Sonntag die erste gewerkschaftliche Großveranstaltung seit 1933 statt, eine Werbeversammlung der Allgemeinen Freien Münchner Gewerkschaft, die das geräumige Theater bis zum letzten Platz füllte.“ Die Gewerkschaften wollten eine neue Gesellschaft aufbauen, sie forderten die Demokratisierung aller Lebensbereiche. Beschäftigte sollten auch in der Wirtschaft mitbestimmen.
Plakat zur Mai-Feier 1906 Quelle: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
(Max-Joseph-Brücke)
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Tag der Arbeit als großes Volksfest in Bogenhausen gefeiert. Im Herzog-Park an der Bogenhausener Brücke (die heutige Max-Joseph-Brücke) standen nicht politische Reden im Vordergrund, sondern der Erholungsaspekt. Konzerte gab es genauso wie Sackhüpfen, Eierlaufen und andere Spiele.
Weil der 1. Mai damals ja noch kein Feiertag war, fand das Fest „am ersten schönen Sonntag im Mai“ statt.
Die Feste fanden im Herzog-Park an der Bogenhausener Brücke (heute Max-Joseph-Brücke) statt. Bild: DGB/Kopera
Postkarte von einer der ersten Maifeiern in Holzapfelkreuth Quelle: Archiv der Münchner Arbeiterbewegung
(Holzapfelkreuther Straße)
1889 fand in Paris der internationale Arbeiterkongress statt, an dem der 1. Mai zum internationalen Kampftag der Arbeiterklasse ausgerufen wurde. Am 1. Mai 1890 – einem normalen Werktag – trafen sich Münchner Arbeiter*innen in vier verschiedenen Wirtshäusern, getrennt nach Berufsgruppen zur allerersten Maikundgebung. Die Forderung: der Achtstundentag.
Im Anschluss wurde der Tag mit der ganzen Familie im Grünen gefeiert. An der „Waldgaststätte Holzapfelkreuth“ (nahe der heutigen U-Bahn-Haltestelle) kamen über 30.000 Menschen zusammen. 1890, am ersten Tag der Arbeit, fanden diese Aktionen gegen den Willen der Obrigkeit statt, denn das Tragen roter Abzeichen und das Singen revolutionärer Lieder wurde verfolgt. Es galten noch die Sozialistengesetze, „sozialdemokratische Umtriebe“ waren verboten.
In den nächsten Jahren wurde der Tag der Arbeit meistens am ersten schönen Sonntag im Mai (der 1. Mai war ja noch kein Feiertag) in ähnlicher Form begangen – die Waldgaststätte Holzapfelkreuth blieb auch in den folgenden Jahren der Ort, wo gefeiert wurde.
Weltfest der Arbeit 1900 Quelle: Sammlung Alfons Hubauer, München
Das Wohnhaus Gustav Schiefers in Harlaching stand bis 2012. Auf dem Grundstück ist heute eine Kindertagesstätte. Bild: private Aufnahme
(Armanspergstraße 3)
Direkt nach der Befreiung Münchens am 30. April 1945 wollte eine Runde um Gustav Schiefer, dem letzten Vorsitzenden des Gewerkschaftsbundes vor 1933, schnell die Wiedergründung der Gewerkschaften vorbereiten. Es standen aber keine Räumlichkeiten zur Verfügung. Das alte Gewerkschaftshaus in der Pestalozzistraße war zerstört.
Für die Vorbereitungstreffen trafen sich die Gewerkschafter - ausschließlich Männer - deswegen in Schiefers Privatwohnung in der Armanspergstr. 3 in Harlaching. An dieser Runde nahmen Sozialdemokraten, Kommunisten und christliche Gewerkschafter teil. Denn das Ziel war die Bildung einer Einheitsgewerkschaft – eine Lehre aus der Weimarer Republik, als Gräben zwischen den unterschiedlich geprägten Gewerkschaften ein Grund dafür waren, weshalb die Arbeiter*innenbewegung den Nationalsozialisten unterlegen war.
Ausweichquartier der Münchner Gewerkschaften in Berg am Laim Bild: DGB/Kopera
(Neumarkter Straße 22)
2018 wurde entschieden, dass das bekannte Gewerkschaftshaus in der Schwanthalerstraße 64 neu gebaut werden soll. Übergangsweise bezogen die Gewerkschaften deshalb Ende 2020 ihr Ausweichquartier in Berg am Laim.
DGB/Kopera
Der Spaziergang ist auch als Broschüre erschienen. Sie kann hier heruntergeladen werden oder von uns bezogen werden. Bei Interesse e-mail an benedikt.kopera[@]dgb.de
Texte: Natascha Almer, Nicole Bormann, Simone Burger, Benedikt Kopera, Wolfgang Kucera, Michael Schwab, Magdalena Siebert.
Impressum: DGB Region München, c/o Simone Burger, Neumarkter Straße 22, 81673 München
Eine Gemeinschaftsarbeit von:
DGB
Archiv der Münchner Arbeiterbewegung