Deutscher Gewerkschaftsbund

Geschichte des 1. Mai in München

1980-1989: Nelke mit einem Fähnchen

Marienplatz

1980 wurden während der Kundgebung erstmals Infostände auf dem Marienplatz aufgebaut.

Das 90-jährige Bestehen des 1. Mai fiel in eine schwierige weltpolitische Lage. Mit dem Einmarsch der Sowjettruppen in Afghanistan zum Jahreswechsel 1979/80 war das Ost-West-Verhältnis an einem neuerlichen Tiefpunkt angelangt. Neben sozialpolitischen Forderungen war daher das Festhalten an der Entspannungspolitik eines der Hauptanliegen der Gewerkschaften am 1. Mai 1980. In München war es ein sonniger, warmer Tag. An der Kundgebung des DGB auf dem Marienplatz nahmen rund 16.000 Menschen Teil. Das Motto lautete "Unabhängig, stark, erfolgreich - Wir bauen auf unsere Kraft." Nach dem stellvertretenden ÖTV-Vorsitzenden K. H. Hoffmann sprach Hans-Jochen Vogel, damals Bundesjustizminister. Er ging in seiner Rede auch auf die Vorgänge in Afghanistan und im Iran (US-Geiselaffäre) ein und betonte, dass darüber nicht geschwiegen werden dürfe. Unter den Transparenten der Kundgebungsteilnehmer trug eines die Losung: "Frieden! Keine Nibelungentreue mit Carter - Kein neues 1914." Dieses Transparent drückte deutlich die Sorgen vieler Menschen angesichts der politischen Weltlage aus.


1980 wurden während der Kundgebung erstmals Infostände der 17 Gewerkschaften auf dem Marienplatz aufgebaut. Als Maiabzeichen diente statt der bisherigen Kunststoffbuttons eine rote Nelke mit einem Fähnchen, auf dem stand: "1. Mai 1980 - 90 Jahr 1. Mai - DGB".


Während der 70er und 80er Jahre fand am Abend des 1. Mai bzw. am Vorabend eine eigene Feier der Gewerkschaftsjugend statt. Die Maifeiern der Jahre 1981 und 1882 standen unter den Leitthemen Soziale Sicherheit, Mitbestimmung aber auch Abrüstung. Mit dem Regierungswechsel vom 1. Oktober 1982 erfuhr das politische und soziale Klima in der Bundesrepublik eine deutliche Wendung. Die Einschränkung sozialer Leistungen, beschäftigungspolitische Untätigkeit und Umverteilung zugunsten der Vermögenden kennzeichnete die Politik der CDU/CSU/FDP-Koalition von Anfang an. Daher wandten sich die Maikundgebungen der Jahre 1983 bis heute immer wieder gegen die sogenannte Wendepolitik des Kabinetts Kohl zu Lasten der Arbeitnehmer.

Die Losungen waren:

  • 1983: "Arbeit für alle, Mitbestimmung - Prüfsteine der Demokratie";
  • 1984: "Arbeit für alle - DGB";
  • 1985: "DGB - Unsere Stärke heißt Solidarität";
  • 1986: "Mitmachen. Stark sein. Die Zukunft gestalten - DGB";
  • 1987: Zum ersten Mal fand 1987 die Gefahr der Umweltzerstörung Eingang in die 1. Mai-Losung des DGB: "Arbeit schaffen, Umwelt schützen, Technik sozial gestalten";
  • 1988: "Arbeit für alle. Gerechtigkeit für jeden. Gemeinsam handeln".


Wie schon 1980 war Hans-Jochen Vogel auch 1988 Hauptredner auf der Maikundgebung, nunmehr als Vorsitzender der SPD. Er erhob schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung wegen ihrer unsozialen Politik. Außerdem ging er auf die gegenüber 1980 gänzlich zum Positiven hin veränderte politische Weltlage und die hoffnungsweckende Entwicklung in Gorbatschows UdSSR ein. Die Kundgebung auf dem Marienplatz zum 1. Mai 1988 fand bei hochsommerlichen Temperaturen statt und wurde von ungefähr 6.000 Menschen besucht.


Dem 1. Mai 1989 gab der Münchner DGB ein neues, zeitgemäßes Konzept. Die bisher üblichen drei Sternmärsche wurden durch einen einzigen Demonstrationszug vom Gewerkschaftshaus zum Marienplatz abgelöst. Wie 1979 stand die darauffolgende Kundgebung mit dem Motto "Für ein soziales Europa" unter dem Vorzeichen der bevorstehenden Direktwahlen zum Europaparlament. Nach der Begrüßung durch den neuen DGB-Kreisvorsitzenden Klaus Dittrich warnte Oberbürgermeister Georg Kronawitter vor einer Vergiftung des politischen und sozialen Klimas in München angesichts der in beängstigendem Maße anwachsenden Ausländerfeindlichkeit. Gegen Ausländerfeindlichkeit und neuen Rechtsextremismus wandte sich auch der Hauptreferent, der stellvertretende DGB-Bundesvorsitzende Gustav Fehrenbach.


Am Ende der Kundgebung signalisierten aufsteigende rote Luftballons den Beginn eines Familienfestes, das bis in die Abendstunden dauerte und an diesem Tag insgesamt 12.000 Teilnehmer in die Münchner Innenstadt zog. Am Marienplatz spielten Rockbands und tanzten ausländische Folkloregruppen, auf dem Marienhof stand in Festzelt mit Blasmusik und im Alten Hof fanden Theater-, Kabarett- und Chordarbietungen statt. Der Versuch, dem 1. Mai neuen Schwung zu geben, war rechtzeitig vor seinem 100. Jubiläum gelungen.


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